Wie Deutschland am Hindukusch verteidigt wird oder auf der Suche nach dem sauberen Krieg

 

Es ist ein Privileg, in einem Land zu leben, das seit über sechzig Jahren keinen heißen Krieg erleben musste.

Vielleicht ist es aber auch auf diesen Umstand zurückzuführen, dass wir in den heutigen Tagen wieder einmal seltsame Nachrichten aus Afghanistan bekommen. Zivilisten wurden durch Angehörige der Bundeswehr getötet – Frauen und Kinder. Sofort ruft die Opposition nach dem sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem Kriegsgebiet. Die Regierung verteidigt die betroffenen Soldaten. Ein Opfer gab es auch auf Soldatenseite zu beklagen.

Das erste, worüber ich mich wundere, ist, dass so etwas nicht viel öfter geschieht.

Es herrscht Krieg in Afghanistan, so wie in Afghanistan schon immer Krieg herrschte. Wenn sich die Stämme nicht gegenseitig befehdeten, hatten sie mit ihren Nachbarn Probleme. Vergessen scheint zu sein, dass sich die russische Armee in Afghanistan ihr eigenes Vietnam abholte und die Warlords daraus umso gestärkter hervorgingen.

Und jetzt hat die Bundeswehr ihre „Bürger in Uniform“ im Rahmen eines erweiterten Nato-Einsatzes dahin geschickt und es gibt Tote. Und alle schreien. Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht, liebe Leserinnen und Leser, aber ich habe noch nie von einem sauberen oder fairen Krieg gehört.

Selbst als Krieg noch in mehr oder weniger geregelten Schlachtfeldformationen geführt wurde, wurde mit miesen Tricks gearbeitet. Morden, Brandschatzen, Vertreibung und Vergewaltigungen sind Kriegsmittel, ob das die UN nun so abgesegnet hat oder nicht.

Natürlich kann man von hier aus schwer beurteilen, was wirklich vorgefallen ist. Mich erinnert das an den Skandal von vor etwa zwei Jahren, als deutsche Soldaten sich mit Menschenschädeln lustig fotografieren ließen. Alle ereiferten sich darüber, dass der Krieg diese Menschen wohl verrohen ließ. Ach was! Meine Großmuter wurde im Zweiten Weltkrieg von russischen Soldaten so lange vergewaltigt, bis sie glaubten, dass sie tot sei – das hat ihr das Leben gerettet. Von dem Trauma hat sie sich jedoch nie wieder erholt. Jede Familie hat solche Geschichten über ihre Großväter und Großmütter.

Wenn wir nicht aufhören zu glauben, dass wir mit Kriegen eine bessere Welt erschaffen können, dann können wir genauso gut auch anfangen zu glauben, dass wir mit Schnapssaufen bessere Leberwerte bekommen.

Der beste Antikriegsroman, den ich seit „Im Westen nichts Neues“ gelesen habe stammt von der britischen Autorin Sue Townsend „Adrian Mole und die Achse des Bösen“. Sue Townsend ist Humorautorin – die großartigste, die ich kenne. Sie schafft es, in ihrem lustigen Episodenromanen Gesellschaftskritik zu formulieren, dass einem das Lachen dann doch im Halse stecken bleibt. In „Die Achse des Bösen“ geht es um den Irakkrieg. Adrian Mole glaubt seiner Regierung Blair, das alles seine Richtigkeit hat. Er verliert darüber fast die Liebe seines Lebens, sein Sohn, der als Teenager zur Armee geht wird – kaum volljährig – in den Irak geschickt. Er findet aber einen besten Freund in seiner Kompanie. Dieser Freund bittet den Buchhändler Adrian um literarischer Hilfe, weil er sich im Irak vor Angst kaum von der Stelle bewegen mag. Er versteht die Menschen nicht – es gibt nur Missverständnisse. Die jungen Soldaten leben Tag und Nacht in wilder Panik vor Anschlägen. Der Freund stirbt bei einem Anschlag, der Sohn zieht stumpf in den nächsten Krieg in den Kosovo.

So stelle ich mir auch die jungen Männer vor, als sie voller Angst auf das verdächtige Auto schossen, in dem die Frau mit ihren Kindern saß – alle voller Angst.

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